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Gegenthese

 

M.E. ist diese These das Produkt einer wissenschaftstheoretisch unzulässigen Bereichsvermengung, die keine tragfähige empirische Basis hat. Computervermittelte Kommunikation von Mensch zu Mensch darf nicht mit Programmieren oder Eingeben, also der Mensch-Maschine-Kommunikation, gleichgesetzt werden, wie es Giese und Januschek in der zitierten Passage implizit tun. Und das Arbeiten mit elektronischen Datenbanken und Expertensystemen, von denen bei ihnen später die Rede istgif , hat wieder andere Charakteristika. Ohne den Kommunikationsbegriff an dieser Stelle schon erörtern zu wollengif: Die These von der ``Reduktion von Kommunikation auf ein sachlich-rationales, exaktes, algorithmisches Skelett - ohne emotionale, bildliche, ganzheitliche und persönliche Bestandteilegif'' wird durch die hier vorgelegte Untersuchung falsifiziert. In Anlehnung an ähnliche Ansätze für den Bereich der englischen Sprachegif wird hier die These vertreten, daß in der computervermittelten Kommunikation von Mensch zu Mensch eine neue Sprachform vorliegt, in der der graphische Kode mündliche und dialogische Qualitäten in bisher nicht gekannter Art aufweist. Die Untersuchung zeigt, daß die Teilnehmer an der computervermittelten Kommunikation ihre Individualität, Emotionalität und Sozialität in dieser neuen Sprachform gleichsam gegen den universalen Automatismus der Computerprogramme `verteidigen'. Erörtert wird die These an den elektronischen Diskussionsforen. Diese Form computervermittelter Kommunikation wird neben anderen Gründen (Kap. 1.4.3) hier auch deshalb untersucht, weil elektronische Diskussionen m.E. trotz unterschiedlicher medialer Charakteristika ähnliche sprachliche und psychologische Eigenschaften wie Face-to-Face- oder Telephongespräche haben. Ziel der Untersuchung ist es, die These der mündlichen und dialogischen Qualitäten der computervermittelten Kommunikation möglichst vielfältig zu belegen (Kap. 3). Weil die These in dieser Art für das Deutsche noch nicht aufgestellt worden ist, bekommt die Untersuchung zwangsläufig Forschungscharakter; das Ergebnis ist eine Überblicksdarstellung. Die konzentrierte Auseinandersetzung mit einem bestimmten, eng eingegrenzten Phänomen, die womöglich der üblichere Zweck einer Staatsexamensarbeit wäre, würde die Existenz von Arbeiten mit Überblickscharakter voraussetzen, die bisher noch nicht erschienen sind.



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