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Formale Struktur des Diskussionsforenartikels

 

Der formale Aufbau der Forenartikel wird am Beispiel von a050 erläutert:

     de.alt.fan.plueschRe: Wo sind die Pluesch-Fans?
3 Tue, 25 Jul 1995 08:53:09
4 Lines: 24
5 ah@bruker.de
Andreas Huennebeck at Bruker Analytische Messtechnik GmbH
7 
8
9   In  article  <3uleaj$hb8@otto.mb3.tu-chemnitz.de>, B.Junghans@mathematik.tu-
10  chemnitz.de  (Beate Junghans) writes:
11 > Sind  die Pluesch-Fans  alle in Urlaub oder sterben  die  Plueschis aus
12 > oder was ist los?
13 > Ich hab in dieser Gruppe schon  seit  Wochen  keinen  einzigen  Artikel
14 > mehr gesehen.  :-(
15 > 
16 > Sind vielleicht schon  die  ersten aus  dem  Urlaub  zurueck und haben 
17 >  vielleicht  ein neues  Plueschi mitgebracht?
18 Aus dem Urlaub noch  nicht (geht  aber bald los ;-)), aber im Moment guckt
19 mich mein  Hershel  ganz gluecklich an - er ist  ja  auch  das erste Mal mit im
20 Buero!
21 
22 Tschau
23 Andreas
24 
25 ---------------------------------------------------------------------
26     |               /\         
27    / \    ^/\/   \   _     Andreas Huennebeck
28   /   \ /  \/\    /\/  \    Bruker Analytische Messtechnik GmbH
29   /      \\  /           \   email: ah@bruker.de
30 /       \      /\
31 Kletterer und Natur gemeinsam am Seil: keine weiteren Felssperrungen!
32 ----------------------------------------------------------------------

Ein Artikel (Diskussionsbeitrag) ist formal in drei Hauptteile gegliedert: in Header, Body und Signature. Der Header, der Kopf des Artikels (Z. 1-6), wird automatisch vom Newsreader generiert. In Z. 1 ist das Diskussionsforum angegeben, in das der Artikel gepostet wurde (in diesem Fall ist es ein Gesprächsforum für ``Pluesch-Fans'' in der Sektion für Alternativthemen im deutschsprachigen Teil des USENETs). Z. 2 gibt das Thema des Artikels an. Z. 3 hält Datum und Uhrzeit des Moments fest, in dem der Artikel gepostet wurde. In Z. 4 steht die Zeilenlänge des Artikels. Der automatisch erstellte Header wird von der ebenfalls automatischen Zeilenzählung nicht berücksichtigt, die angegebenen 24 Zeilen beziehen sich auf den Abschnitt von Z. 9 bis Z. 32. In Z. 5 steht die E-mail-Adresse des Verfassers. In Z. 6 erscheinen der Name des Verfassers sowie der Organisation, mit deren Hilfe der Zugang zum Netz erfolgte (hier eine Firma). Das Aussehen des Headers ist in Abhängigkeit vom verwendeten Newsreader (hier TIN) unterschiedlich. Der Newsreader verwendet dabei die Informationen, die ihm vom Programm, mit dem der Artikel geschrieben wird, übermittelt werden. In vielen Artikeln im Korpus sind z.B. in Z. 6 nur der Verfassername oder nur die Organisation angegeben, oder er fehlt ganzgif. Der Verfasser führt lediglich die Themenbenennung in Z. 2 manuell durch. Der Body des Artikels (Z. 9-23) ist der eigentliche Textbeitrag. Es handelt sich im Beispiel um einen polytopen Textgif. Die Vermeidung der deutschen Umlautzeichen läßt auf ein 7-Bit- Schreibprogramm schließen. Die Signature  (Z. 25-32) ist eine Art persönliche Kennzeichnung des Artikels durch den Autor. Die Signature ist nicht obligatorisch, sie findet sich aber besonders bei Nutzern, die viel Zeit für ihre Netzaktivitäten aufwenden (Informatikstudenten, sog. ``Computerfreaks'' etc.). Diese entwerfen sich teilweise sehr aufwendige Signaturen, die sie allen Diskussionsbeiträgen und auch ihren privaten elektronischen Briefen beifügen. Die Signature ist gleichsam die Visitenkarte des Netzwerkers. Gängige Bestandteile der Signature sind Name, Postadresse, Telephon- und Faxverbindungen, andere E-mail-Adressen bzw. weitere elektronische Kontaktmöglichkeiten wie WWW- Homepagegif oder IRC-Channel. Oft wird eine kleine Graphik (``ASCII-Art'', Z. 26-30) oder eine Losung, ein Motto (Z. 31) hinzugefügt. Zweck der Signature ist es, bei aller Automatisierung im Layout von Diskussionsbeiträgen den Netzwerker als individuelle Persönlichkeit herauszustellen. Der besondere Reiz bei der Kreation von ``ASCII-Art'' besteht darin, mit den wenigen Zeichen des ASCII-Zeichensatzes ``Minimal-Kunstwerke'' zu entwickeln, die dem Verfasser Phantasie und Einfallsreichtum bescheinigengif. Naumann schreibt über die Signature:

``Many users invest great energy and fantasy in the graphic layout and in the wording of their individual origin [signature, SR], so that anyone who just browses through vast amounts of mail may recognize and remember this individual signature. It is an attempt to overcome the anonymity of printed texts by inventing something which comes near to invidual handwritinggif.''

Die Dreiteilung des Artikels legt einen Vergleich mit der ``Kommunikationsform `Brief'gif'' nahe, auf deren formale Gestalt das Artikellayout durch den Newsreader entstehungsgeschichtlich ohne Zweifel zurückgeht. Allerdings läßt die Kommunikationsform `Brief` durch ihre materiale Gestaltung (Papier, Briefumschlag etc.)  und die Freiheit in der Wahl der Verschriftungsart (v.a. zwischen Handschrift und Maschinenschrift) die Übermittlung nicht intentional gesteuerter Zeichen zu. Aus der Auswahl des Papiers bzw. der Verschriftungsart - am besten selbstverständlich aus der Handschrift selbst - lassen sich vom Textproduzenten unbeabsichtigte Informationen über die Verfassung des Produzenten und die Beziehungsebene der Kommunikation ablesengif. Das erlaubt die Digitalität der Diskussionsforen nicht.

Für die Erstellung von polytopen Texten wie a050 ist das sog. Quoten unverzichtbar. Quoten  (engl. to quote: `zitieren') bedeutet, daß in einem Artikel X Zeilen eines Artikels Y, auf den sich X bezieht, zitiert werden. Gequotete Zeilen werden mit ``>'' oder ``:'' gekennzeichnet (das hängt vom Schreibprogramm des Textproduzenten ab). Im Beispiel sind also die Zeilen 11-17 gequotet. Diese Zeilen sind nicht von Andreas Huennebeck produziert worden, sondern von Beate Junghans (Z. 10). Die Quellenangabe (Z. 9/10) wird vom Schreibprogramm wie die Kennzeichnung mit ``>'' automatisch erstellt. Durch das Quoten entstehen die dialogischen Strukturen, die in Kap. 3.2.2 untersucht werden. Daß der Artikel Text eines anderen Produzenten enthält, wird im Beispiel schon durch die Abkürzung ``Re'' (engl. reply) im Header deutlich. Wenn im Artikel X ein Artikel Y zitiert wird, in dem schon die Quotierung des Artikels Z vorliegt, werden die Zeilen von Z mit der doppelten Markierung ``>>'', diejenigen von Y mit der einfachen Markierung ``>'' versehen. Dadurch entstehen mehrgliedrige Gesprächssequenzen von zwei oder komplexe Gesprächssituationen mit mehr als zwei Produzentengif.


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